Momentan liest man viel in der Presse über Daten, beziehungsweise wie diese Daten weitergegeben und benutzt werden. Die “Camebridge Analytica”-Affäre von Facebook, die Datenweitergabe der Post und zuletzt auch die News, dass der GemeindeTag seinen Gemeinden einen Verkauf ihrer Milieu- und Wohnstrukturdaten empfiehlt, sind nur einige der Beispiele, die aktuell durch die Presse gehen.
Doch um welche Daten handelt es sich eigentlich? Worin liegt der Unterschied in diesen Fällen? Welche Daten geben wir eigentlich freiwillig heraus und welche Daten sind exklusiv? Ich möchte das Ganze hier von der politischen Seite beleuchten. Wer eine datenschutzrechtliche oder juristische Perspektive sucht, möge sich an das ULD Schleswig Holstein oder Jan Phillipp Albrecht wenden.
Fangen wir an mit Facebook. Wer sich ein Facebookprofil anlegt, gibt damit automatisch Sachen über sich preis. Sei es, welche Fußballvereine man mag, welche Filme man gesehen hat, welche Postings politischer Parteien man gelesen hat und noch vieles mehr. Hier werden die mitunter persönlichsten Ansichten und tiefsten Einblicke in das Privatleben mit der ganzen Welt geteilt. Der daraus entstehende Datenberg öffentlich zugänglicher Informationen kann ausgelesen werden – und wird zum Beispiel auch von allen Parteien und NGO genutzt. Meistens für möglichst perfekt gestreute Facebook-Werbeanzeigen, die nuancengenau politische Zielgruppen treffen wollen. Ganz praktisch: Es nützt nichts, eine Facebookkampagne über die Legalisierung von Marijuana mit kostenpflichtigen Werbeanzeigen demjenigen anzuzeigen, der sich durch seine Likes für die CDU-Fanseite und einen Schützenverein als „eher konservativ eingestellt“ klassifizieren lässt und dazu noch männnlich und über 60 Jahre alt ist. Hier werden die Mittel offenen und gerne von jedem der es sich leisten kann genutzt und auch gehandelt. Schließlich hat sich der Betroffene freiwillig bei Facebook anmeldet. Die Argumentation ist, das man sich ja aussuchen kann was man bei Facebook hochgeladen hat und was man von sich preisgibt. Dass das nicht immer den Tatsachen entspricht und Facebook durchaus noch andere Sachen mit den Daten macht als Werbeanzeigen ist ein anderes Blatt.
Im Kontrast zu dem amerikanischen Internetgiganten steht ein Traditionsunternehmen, das deutscher nicht sein könnte: Die Deutsche Post. Auch diese sammelt Daten und vermietet diese, um häuserblockgenau die richtigen Werbeblätter für unseren Briefkasten heraus zu finden. Dabei werden Daten wie Kaufkraft, Bankverhalten, Wohnumfeld, Geschlecht, Bildung, Wohnsituation, Familienstruktur, Alter und Pkw-Besitz erhoben und zusätzlich um Daten aus Behören wie dem Kraftfahrtbundesamt und dem Katasteramt ergänzt. Auch diese Daten wurden beispielsweise von CDU und FDP genutzt, um im Bundestagswahlkampf Massenpostsendungen zu verschicken und liefern am Ende einen Prozentwert für „einen möglichen FDP-affinen Wähler“. Das Problem hierbei ist, dass Daten erhoben und verknüpft werden, die wir nicht für uns behalten können. Wir können uns nicht aussuchen, ob wir ein Auto anmelden wollen oder lieber nicht. Auch der Eintrag beim Katasteramt ist nicht freiwillig. Im Gegensatz zu Facebook, wo man einzelne Personen genau auf die Zielgruppe festlegen kann, sind die Daten aus den Ämtern zumindest anonymisiert und nur auf Straßenabschnitte genau.
Zuletzt der „Skandal“ um die Datenweitergabe durch die Städte und Gemeinden. Wie man am Beispiel der Post gesehen hat, werden längst Daten der Behörden und Ämter flächendeckend genutzt. Es ist daher nicht neues oder fundamental anderes, dass Städte diese Daten weitergeben. Es werden zum Beispiel gezielt die Daten der Erstwähler bei den Kommunen gekauft, um diese anzuschreiben und für die Wahlen zu mobilisieren. Das kann man zurecht kritisieren – nur wirkt es auf mich ziemlich scheinheilig, dass sich genau die Vertreter von Parteien darüber beschwere , die ihrerseits dieselben Daten an der andere Ecke mit anderer Herkunft gerne und bereitwillig kaufen. Das ist meiner Meinung nach schlicht inkonsequent.
Daten sind die Währung des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Anwendungen wie Google oder Facebook sind nur deswegen kostenlos und frei verfügbar, weil wir mit unseren privaten Daten bezahlen. Es ist ein Tauschgeschäft und es steht jedem mündigen Bürger frei, dieses Angebot anzunehmen, wenn er sich der Konsequenzen bewusst ist. Deshalb gibt es bei Facebook auch ein Mindestalter für die Anmeldung und Nutzung.
Die Kritik von Politikern, die wie oben genannt nun den GemeindeTag kritisieren, halte ich schlicht für Wahlkampfgetöse. Praktiken, die im letzen Wahlkampf selbst benutzt worden sind, werden hier von den Vertretern der großen Parteien öffentlich angeprangert. Auch Milieustudien und die Zusammensetzung einzelner Wohngebiete sind beiweitem kein Geheimnis. Heute schon kann ein Wohnsitz in Kiel-Gaarden oder Kiel-Mettenhof einen negativen Einfluss auf meinen Schufa-Score haben – ganz ohne dass ich mich dagegen wehren kann.
Bei all diesen Getöse sehe ich besorgt, dass die meiner Meinung nach wirklich dringenden Probleme und Aufgaben in den Hintergrund rücken oder gar nicht erst angesprochen werden. Dazu gehören die Monopolstellung von Facebook, eine einheitliche europäische Datenschutzverordnung, die Aufklärung der Nutzer über die von ihnen erhobenen und gespeicherten Daten, oder die Frage welche Daten überhaupt erst erhoben werden müssen, werden hier gar nicht diskutiert. Das grundsätzliche Motto muss hier lauten: Öffentliche Daten nutzen und private Daten schützen. Personenbezogene Daten sollen und dürfen unter keinen Umständen weitergegeben werden. Die Nutzung von ohnehin vorhanden, anonymisierten Daten der Städte und Gemeinden sollte unter dem „Open Data„-Gedanken kostenlos, transparent und frei verfügbar geschehen. Denn damit können auch gute Dinge entstehen. Menschen müssen sich dem Wert ihrer Daten bewußt sein, damit diese nicht ohne ihr Wissen mißbraucht werden können.
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